Dienstag, 9. Januar 2018

Die Oleanderfrauen


  • Erscheinungsdatum Erstausgabe : 09.01.2018
  • Verlag : Heyne
  • ISBN: 9783453421158
  • Flexibler Einband 480 Seiten
  • Genre: Historischer Roman
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Vorab Hinweis: Zwar wurde mir vom Verlag ein kostenloses Leseexemplar zur Verfügung gestellt,  dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung!


Sophies Geheimnis

Ich hab das Buch am Silvesterabend ausgelesen und die Böller und Raketen draußen hören sich fast so entsetzlich an, wie ich mir in die Bombennächte 1943 in Hamburg vorstelle. Wie muss sich da erst eine junge Mutter fühlen, deren kleine Tochter in diesen Nächten vor Angst nicht mehr atmen kann? Was ist aus den beiden geworden und vor allem was hat Johannas Mutter damit zu tun? Diese Fragen stellt sie sich 2016, als sie beim Ausmisten des Dachbodens unter deren Sachen einen Pappkoffer mit einem herzzerreißenden Brief, einem Medaillon und einem Tagebuch findet. Das Medaillon fühlt sich gleich irgendwie vertrau an, sie legt an und nie mehr ab. Aber auch das Tagebuch nimmt sie sofort gefangen und wirft immer neue Fragen auf.

Teresa Simon kann es einfach! Kaum eine Autorin schreibt so fesselnde, atmosphärische und intensive Familiensagas wie sie. Dabei verlangt sie ihren Lesern wirklich alles ab und beschönigt nichts. Seit den „Frauen der Rosenvilla“ (das in meiner Heimatstadt Dresden spielt) bin ich ein absoluter Fan ihrer Art, deutsche Geschichte aus der Sicht von Frauen zu erzählen. Eine Besonderheit ihrer Bücher ist, dass sie die Geheimnisse Stück für Stück offenbart und dem aufmerksamen Leser durch geschickt platzierte Hinweise die Chance gibt, diese zum Teil selbst zu enthüllen. Nach Dresden und München (Die Holunderschwestern) geht es in „Die Oleanderfrauen“ nun nach Hamburg.

1936 verliebt sich Sophie, die Tochter des Kaffeebarons Terhoven, ausgerechnet in Hannes, den Sohn der Köchin – dabei kennen sie sich schon ihr ganzes Leben: „Tausend mal berührt, tausend mal ist nichts passiert ...“ Natürlich hat ihre Liebe eigentlich keine Chance, aber Sophie hört nicht auf, dafür zu kämpfen. Doch dann kommen lange verborgene Geheimnisse ihrer Eltern ans Licht und verändern alles.

Vernunft statt Gefühle. Tradition anstelle von Leidenschaft.“ (S. 27)

2016 kämpft Jule mit ihrem Café Strandperlchen ums Überleben, als dessen Miete drastisch erhöht wird. Ihre Mutter nannte sie immer „Julchen ohne Plan“, weil sie angeblich nie etwas zu Ende bringt – aber an dem Café hängt sie wirklich und auch „Ich schreib Dir Dein Leben“ ist ihr eine Herzensangelegenheit. Trotz ihres abgebrochenen Geschichtsstudiums liebt sie nämlich Familiengeschichten und erforscht die Vergangenheit ihrer Kunden gegen kleines Geld. Als Johanna ihr Sophies Tagebuch bringt, fesselt sie die Geschichte sofort und wird zu ihrem persönlichsten Fall.

Sophie schildert darin ihr Leben und das ihrer Freunde während des 2. Weltkrieges: Die Ausweitung des Nationalsozialismus und die damit einhergehenden Veränderungen, die Wirren des Krieges und die Bombenangriffe auf Hamburg 1943.
Neben Sophies und Hannes Geschichte hat mich besonders die von Malte berührt – er ist ihr bester schwuler Freund und würde seine Neigung gern offen ausleben, muss sich aber wegen der Nazis verstecken und verbiegen.
Extrem unangenehm war mir hingegen Hellmuth Moers, ein Jugendfreund von Sophies Vater und überzeugter Anhänger Hitlers. Immer wenn er „auftrat“, bekam ich Gänsehaut.

Natürlich kommt auch der Kaffee in dem Buch nicht zu kurz. Es werden die verschieden Sorten und Zubereitungsarten erklärt, wie sich die Einfuhr, Verteilung und der Konsum des plötzlichen „Luxusgutes“ veränderte (auch heute wieder) und was das für die Wirtschaft im Allgemeinen und die Familie Tervhoven im besonderen bedeutete – schließlich lebten sie davon! Auch Kaffee gab es während des Krieges nämlich nur noch mit Lebensmittelmarken auf Zuteilung und es wurde damit spekuliert ...

Mein Fazit: Unbedingt lesen und hoffen, dass bald ein neues Buch von Teresa Simon erscheint!

Patno und ich haben das Buch übrigens zusammen gelesen - hier könnt Ihr nochmal in unsere Aktion hineinschauen, wenn Ihr wollt. 

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