Freitag, 12. Februar 2016

Old School



Skurril, vulgär, makaber, urkomisch – einfach klasse


Autor: John Niven

Erscheinungstermin: 23. November 2015

Format: Hörbuch, ungekürzte Lesung,
2 mp3-CDs, Laufzeit: 10h 17

Gelesen von: Gerd Köster

Verlag: Random House




Mit diesem Roman ist John Niven ein herrlich sarkastisches Meisterstück gelungen, denn in dem im November 2015 im Random House Verlag erschienen Hörbuch geht es nach relativ harmlosen Start ziemlich zur Sache - ganz unter dem Motto „Mit 66 Jahren ...“. Aber Achtung: Die Sprache ist teilweise derbe, respektlos, cool und witzig! Wer sich darauf einlassen mag, wird eine Menge Spaß haben! Ich hatte ihn jedenfalls!

Zu Beginn des Hörbuchs dürfen wir in die Leben vier älterer Damen zwischen 60 und 87 Jahren blicken, die alle in mehr oder weniger bescheidenen Verhältnissen leben - außer Susan, die zwar recht bieder, aber gut versorgt zu sein scheint. Sie und ihre beste Freundin Julie sind gerade 60 Jahre geworden. Julie, die früher das glamourösere Leben der beiden führte, muss sich nach einigen Lebenspannen ihr mageres Leben durch einen Job im Altersheim mehr recht als schlecht verdienen. Hier lernte sie Ethel kennen, eine im Rollstuhl sitzende vulgäre Fettel, wie es auf den ersten Blick scheint. Die vierte Dame ist Jill, die Susan aus der Laien-Theatergruppe kennt. Jill hat Sorgen wegen ihres todkranken Enkelsohnes, für den sie jeden Cent zusammenkratzt und Spendengelder sammelt, die aber längst nicht für die teure Behandlung reichen.

Doch dann kommt alles ganz anders als erwartet und selbst Susan erlebt ein Desaster. Eigentlich hat nun auch sie nichts mehr zu verlieren und so entsteht die wahnwitzige Idee eines Banküberfalls. Wie gut, dass Julie Nails, einen ehemaligen Bankräuber kennt, der ihnen schnell klar macht, dass er a) dabei sein will und sie b) noch zwei weitere im Bunde brauchen. Ethel ist sofort dabei, nur Jill ist schwer zu bewegen. Doch schließlich steht der Entschluss fest.
Die schräge Rentnertruppe unternimmt einen dilettantisch durchgeführten Banküberfall  und begibt sich auf eine irrwitzige Flucht von England nach Frankreich, die so kurzweilig, spannend und humorvoll geschildert wird, dass kein Auge trocken bleibt. Dabei wird die Rentnergang vom besessenen Sergeant Boscombe und seinem gutmütigen Adjutanten Wesley gejagt.

Die Charaktere sind allesamt äußerst ausgereift und passen entweder perfekt oder so gar überhaupt nicht zueinander, dass es eine wahre Wonne ist, den Interaktionen zu folgen. Da ist zum einen die äußerst vulgäre Ethel, ein früherer Tanzstar, der für niemanden bremst und nach einem aufregenden Leben lechzt, dann ihr Konterpart, die zartbesaitete Jill, die immer alles richtig machen möchte. Julie, die einmal ein so aufregendes Leben führte und nun große Geldsorgen hat, oder Susan, die ihr beschauliches Leben abrupt ändern muss. Zu Beginn ein Kurzauftritt von Barry, dem masochistischen Sexmonster, genau wie vom alten und senilen Ganoven Nails und schließlich der ungehobelte, übermotivierte und zum Unmut seines Chefs Wilson kein Fettnäpfchen auslassende Sergeant Boscombe mit seinem beflissenen Adjutanten Wesley.

Der schwarze Humor ist an einigen Stellen sicher derb, aber so surrealistisch, dass die Derbheit einfach nicht ernst zu nehmen ist. Richtig herrlich. Natürlich ist viel überspitzt und einiges vorhersehbar, doch das ist sicher auch so gewollt, denn mit so mancher Wendung rechnet man dadurch sicher nicht und der temporeiche, trocken überzogene, humorige Erzählstil ist so anschaulich, dass ein wahrliches Kopfkino entsteht. Ebenso passt die Sprecherstimme Gerd Kösters - mit seiner etwas rauen und gelassenen Tonart - perfekt zu diesem trockenen Humor Nivens.


Fazit:
Wer schwarzen Humor mag, wird hier aufs Feinste bedient! Ich fühlte mich über 10 Stunden lang bestens unterhalten und war jederzeit gespannt, wie es weiter geht!

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