Dienstag, 5. September 2017

In tiefen Schluchten






  • Erscheinungsdatum Erstausgabe : 17.08.2017
  • Verlag : Kiepenheuer & Witsch
  • ISBN: 9783462050424
  • Flexibler Einband 320 Seiten
  • Sprache: Krimi
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Die Cevennen müssen brennen

... ist ein uralter Wahlspruch der Region. Man hält auf Tradition, ist stolz auf seine Vergangenheit – fast immer waren die Bewohner des Vivarais Märtyrer: Katharer, Hugenotten, Mitglieder der Resistance. Und man hütet seine Geheimnisse: „Wir sind die Nachfahren der Rebellen. Wir hüten ihre Geheimnisse und die Geheimnisse unserer Väter.“ (S. 80)
Da ist Tori, die verwitwete Deutsche, schon fast eine Nestbeschmutzerin, als sie den alten Schäfer Didier nach der Geschichte und den ehemaligen Bewohnern ihres Haus fragt. Es ist das älteste des Dorfes, Teile davon stammen wahrscheinlich aus dem 13. Jh. Auch der holländische Höhlenforscher Adriaan, welcher bei Toris Freundin ein Zimmer gemietet hatte, hatte mit Didier über die Vergangenheit des Dorfes gesprochen. Kurz darauf ist Didier tot und Adriaan verschwunden. Tori ist verwundert, dass sich niemand um sein Verschwinden sorgt. Hängt es vielleicht sogar mit Didiers Tod zusammen?! Also beginnt sie auf eigene Faust in den Bergen und Höhlen nach Adriaan zu suchen und stürzt dabei in eine Felsspalte, aus der sie sich nicht allein befreien kann ...

Ich fand das Buch von Beginn an fesselnd und mochte die Figuren. Tori ist erst 42 und schon Witwe. Aus Trauer um ihren Mann hungert sie und kapselt sich ab. Erst July, die vernachlässigte Hündin ihres Nachbarn, holt sie aus ihrem Schneckenhaus. Ich hab sehr mit ihr mitgefühlt.
Zu Toris besten Freunden gehört Nico, ein ehemaliger Kriminalbeamter der Drogenfahndung. Er unterstützt sie bei den Nachforschungen zu Adriaans Verbleib und der Geschichte ihres Hauses: „Geh der Geschichte nach. Aber pass auf Dich auf.“ (S. 47).
Toris und Nicos Gegenspieler ist der Dorfpolizist Masson. Er zeigt weder bei Adriaans Verschwinden noch bei Didiers Tod ein besonderes Interesse, die Fälle aufzuklären - „Es würde nur alte Wunden aufreißen.“ (S. 233)
Und je mehr Tori selbst herausfindet, je tiefer sie in die Geschichte eindringt, desto verschlossener und unfreundlicher werden die Dorfbewohner. Alle hüten sie ihre kleinen Geheimnisse – oder ein gemeinsames großes?! Manche Dinge sollte man vielleicht doch besser ruhen lassen ... „Ich habe es irgendwann aufgegeben, die Welt in Gut und Böse zu unterteilen, die Menschen sind beides.“ (S. 290). Alles ist sehr mysteriös und faszinierend.

Die Story ist sehr kompakt und historisch verwurzelt. Mir hat es gut gefallen, soviel über den geschichtlichen Hintergrund der Cevennen zu erfahren.  
Dazu kommt das wunderbare Setting: raue, schroffe Felsen, uralte versteckte Höhlen, tiefe Täler und Bäche, die plötzlich zu reißenden Strömen werden. Ich bilde mir ein, die Pflanzen sehen und riechen, die saubere Luft hoch oben oder die abgestandene tief unten fühlen zu können. Sehr atmosphärisch.

„In tiefen Schluchten“ ist der Beginn einer Reihe um die ehemalige Anwältin Tori Godon. Mir hat der Auftakt sehr gut gefallen und ich werde gespannt nach dem nächsten Band Ausschau halten.

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