Donnerstag, 18. August 2016

Lizzi und die schweren Jungs von Anja Marschall



Unkonventionelles Ermittler-Trio – witzig und ernst zugleich


Autor: Anja Marschall
Genre: Krimi, Humor
Erscheinungsdatum Erstausgabe :
17.06.2016
Aktuelle Ausgabe : 17.06.2016
Verlag : Aufbau TB
ISBN: 9783746632186
Format: Flexibler Einband
Umfang:
304 Seiten
Preis: 9,99 €



Der Autorin Anja Marschall ist es mit ihrem zweiten Teil der Lizzi-Reihe tatsächlich gelungen „noch einen oben drauf zu setzen“! Mit ihrem humorigen Krimi "Lizzi und die schweren Jungs" dem „Lizzis letzter Tango“ vorausgegangen ist, hat Anja Marschall mich nun vollends zum Lizzi & Co. Fan gemacht. Anja Marschall gelingt es hier Satire und tiefgreifende Lebensthemen so miteinander zu verknüpfen, dass sie mich damit gleichzeitig erheitern, ergreifen und nachdenklich stimmen konnte.

Sie hat zudem mit der übergewichtigen Rentnerin Lizzi und ihrem „schrägen“ und einst zufällig entstandenen Hobby-Ermittlerteam, bestehend aus der arbeitslosen, alleinerziehenden Altenpflegerin Mareike und dem etwas schrullig pedantischen Kommissar a.D. Pfeiffer, eine dermaßen heterogene Truppe geschaffen, die kein Mittelmaß sein kann. Hier geht nur Weltklasse oder Kreisklasse, um es mal in Fußballdeutsch auszudrücken. Denn die unterschiedlichen Stärken und Schwächen des Teams stehen so herrlich im Gegensatz, dass sie sich wie ein Kunstwerk quasi in Disjunktionen ergänzen und sie schlussendlich nur gnadenlos scheitern oder hocherfolgreich sein können!

Auch in ihrem zweiten Fall, in den man auch gut ohne Kenntnisse von Band 1 einsteigen kann, kommt Lizzi mal wieder wie die Jungfrau zum Kinde zu ihrem Ermittlungseinsatz. Gerade noch quält sie sich als Besucherin eines Konzerts und schon wird sie von einer Motorradrockerbande wider ihres Willens vom Konzertbesuch „befreit“ und zur Ermittlerin auserkoren.
Opa Edel, der auf dem Kiez bekannte gutherzige ehemalige Kioskbesitzer, und seine Frau Gertrud sind verschwunden. Warum ausgerechnet der Chef der „Dragon Balls“ Muckiprinz ihn sucht, ist Lizzi & Co. ein Rätsel. Leider kann sie den Fall nicht ablehnen, jedoch nimmt sie auf ihre keinen Widerspruch duldende Art mal wieder das Ruder in die Hand und dirigiert selbst den hartgesottenen Rocker weitestgehend dahin, wo sie ihn haben will.

Mareike indes treiben Sorgen um ihren Sohn Mirko um. Der 16 jährige Schüler ist seit Tagen verschwunden und schwänzt die Schule. Seine besorgte Lehrerin telefoniert Mareike bereits hinterher. Diese möchte sich aber trotz ihres Kummers keine Blöße geben, befürchtet sie doch inkompetent und unfähig zu wirken. Auf gar keinen Fall möchte sie das Jugendamt am Hals haben und das Sorgerecht für den geliebten Sohn entzogen bekommen.
In Szenenwechseln wird Mirko eingeblendet: Der im Selbstfindungsprozess befindliche Teenager hat sich leider einem falschen Freund angeschlossen und begibt sich dadurch unfreiwillig in prekäre Situationen. Hier trieb es mir als Mutter kalte Schauer über den Rücken und ich litt Mareikes innere Qualen förmlich mit.

Schritt für Schritt rollt das eigenwillige Trio das Ermittlungsfeld von hinten auf und kommt dabei genauso in komische wie auch gefährliche Situationen. Hier werden außergewöhnliche Wege beschritten, kuriose Beobachtungsposten bezogen und bizarre Leute befragt. Natürlich kommt Lizzi hier ihre außerordentliche Beobachtungsgabe und tiefe Menschenkenntnis genauso wie ihr Einfühlungsvermögen zu Gute. Darin ist die Kiez Miss Marple einfach unschlagbar. Aber auch sie ist nicht unfehlbar, begibt sich in gefährliche Lagen, um dann wieder vom treuen Pfeiffer aus ihrer misslichen Situation befreit zu werden. Pfeiffer, als Vollblutkommissar, hängt sein ungerecht unrühmlicher Abgang aus der Profiszene immer noch nach und er ist da sehr nachtragend ... Herrlich lesen sich die Zusammentreffen mit seinem ehrgeizigen Ex-Chef Lindemann, dem er seine frühzeitige Pensionierung zu verdanken hat, gab dieser doch damals eine Fehlinformation an die Presse. Hemmungslos geht Pfeifer Lindemann auf die Nerven und verfolgt ihn penetrant, wenn es den Recherchen dienlich sein kann. Sogar bis ins Millerntor ist er ihm auf den Fersen und hält ihn vom Spielgeschehen ab – für den eingefleischten St. Pauli Fan Lindemann eine bodenlose Unverschämtheit, für den Leser ein echter „Brüller“.

Fazit:
Unkonventionelle Ermittlungen im halbseidenen Kiez-Milieu durch das heterogene Trio Lizzi, Mareike und Pfeiffer bringen Hochspannung, Witz, aber auch Tiefgang. Hier toppt der zweite Band sogar den guten ersten Teil!!!

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